Mit Hans zum Theaterglück

Ich war frisch geschlüpfte 10 Jahre alt als „Hans im Glück“ mir meine Leidenschaft für das Theater aufzeigte. Nicht, weil ich ein solches Theaterstück gesehen hatte, sondern weil ich dabei das erste Mal selbst die Bühne atmen durfte. Bis dahin hatte ich eher – für meine Begriffe – unglückliche Erfahrungen mit der Theaterwelt.

„Meine Mutter verdonnerte mich ab und an dazu Kindertheater zu besuchen.“

Heidi Salmhofer / Mit Hans zum Theaterglück

Meine Mutter verdonnerte mich ab und an dazu Kindertheater zu besuchen. Das, was ich da zu sehen bekam, schockierte mich zutiefst. Durchwegs Erwachsene, die in Kinderrollen schlüpften. So etwas passte nicht in meine Welt. Ein gestandener 1,80 Meter Mann mit Latzhose, Lolli und „Kidssprech“ empfand ich als äußerst befremdlich. Im Übrigen, genauso wie Enrico, den Am-Dam-Des-Clown. Erwachsene in Kinderrollen war wie Kohlsprossen am Teller, man liebt es oder man hasst es. Für mich gab es nichts dazwischen. Deshalb war mir meine kindlichen Theatererlebnisse zu wieder. Nahmen die auf der Bühne mich nicht für voll? Glauben die leicht, ich merk das nicht? Warum spielen keine Kinder Kinder? Zefix! Ich mochte Theater nicht. Dann entschloss sich meine Volksschullehrerin im Zuge eines länger andauernden Projektes, die Geschichte des „Hans im Glück“ auf die Bühne unseres kleinen Stadtsaales zu bringen.

“Das glaube ich Euch nicht!“

Heidi Salmhofer / Mit Hans zum Theaterglück

Oh Mann, ich war verzweifelt. Bitte nicht. Jetzt sollen Kinder Erwachsene mimen? Das war nicht auszuhalten. Es wurde beschlossen im Zuge eines Castings die diversen Rollen zu verteilen.  Die Mutter, der Müller, der Bauer und sämtliche andere Tauschgenossen wurden bestimmt. Ich starb tausend Tode und verweigerte jede Beteiligung. Dann ging es um die Rolle des Hans. Ein Bursch nach dem anderen trat nach vor, um seine Interpretation der Rolle mittels eines einfachen Satzes zum Besten zu geben. „Ich habe schon ganz schwielige Hände“ wurde mit weit ausgestreckten Armen der Lehrerin entgegengeleiert. „So redet doch kein Mensch!“, schrie es in mir auf. So bewegt sich doch niemand. So wird das nie was. Und ich hörte meine innere Stimme den verhassten Regiesatz raunen: “Das glaube ich Euch nicht!“ Die Lehrerin blickte in die Runde und säuselte die Frage, ob sich denn noch jemand für die Rolle bewerben wolle. Mein Körper setzte sich in Bewegung, ich spürte in meinen Händen die Blasen vom schweren Tragen des Goldes, ich sah ihr in die Augen und bedauerte aufrichtig meine schwieligen Hände. Streifte mit meinem Daumen leicht über meine Handinnenfläche und schüttelte sie dann kurz. Ich hatte die Rolle.

„Als Mädchen spielte ich nun einen Burschen und entdeckte so die Kraft der Verwandlung…“

Heidi Salmhofer / Mit Hans zum Theaterglück

Als Mädchen spielte ich nun einen Burschen und entdeckte so die Kraft der Verwandlung und das Zulassen von neuen Realitäten.